Drehort Internet
"Schön", dachte sich euer localhost, "dass es sich eine Fernsehsendung endlich mal zur Aufgabe macht, die weniger internetaffinen Teile der Elternschaft Deutschlands darüber aufzuklären, was für Gefahren im Internet so - wie man so schön sagt - lauern", als er eine Kurzbeschreibung der Sendung "Tatort Internet" irgendwo in den Weiten selbigens fand. Grund genug, eine Ausnahme zu machen, und mir das anzusehen.
Präsentiert werden hier verschiedene Fälle, in denen erwachsene Männer über Internet-Communities Kontakt mit vermeintlich 13-jährigen Mädchen und Jungen aufnehmen, um sich nach mehrwöchigem Internetkontakt mit ihnen zu treffen. Tatsächlich handelt es sich dabei im Chat um eine "Journalistin", bei den danach gestellten Treffen, das natürlich das Kernstück der Sendung bildet, wird die Rolle des Kindes durch eine(en) volljährige(n) Schauspieler(in) übernommen.
Immerhin, journalistische Sorgfaltspflicht nimmt man bei RTLII nicht auf die leichte Schulter: um hier Probleme zu vermeiden, fängt man damit einfach garnicht erst an. Also, mit dem Journalismus. An Stelle dessen präsentiert man erfundene Zahlen und "Fakten", übersieht ganz unabsichtlich den Gesamtkontext vollkommen und umgeht geschickt die Mühe, sinnvolle Informationen zu übermitteln. Etwa die, worüber man mit den eigenen Kindern sprechen sollte, und wie man sie sinnvoll vor realistischen Gefahren warnen kann. Oder sogar - und das ist jetzt eine ganz wilde Idee - wie man ein Vertrauensverhältnis zu ihnen aufbauen kann, das so weit geht, dass Kinder vielleicht sogar ganz von selbst von ihren Online-Kontakten erzählen.
Offenbar wäre sowas aber abwegig und utopisch. Wie so oft in unserer Medienlandschaft nämlich wird die Verantwortung gänzlich von Eltern und Kindern weggeschoben, und wohin? In die Politik natürlich. Da braucht sich dann auch niemand schuldig zu fühlen, der nicht eh schon allabendlich am Stammtisch beschimpft wird, und alle sind fein raus. Die Kernaussage der Sendung nämlich, und das ist eine Nachricht an die Legislative, lautet: "Schützt endlich unsere Kinder!". Naja, vielleicht auch: "SCHÜTZT ENTLICH UNSERER KINDA!!!!111elf", das beschreibt besser den Eindruck, der hinterlassen wird. Konkrete Forderung: auch der ledigliche Versuch, mit Minderjährigen Kontakte mit sexuellem Ziel aufzubauen, möge gefälligst strafbar werden. Das löst dann nämlich alle unsere Probleme, und jeder kann wieder beruhigt schlafen. Bis auf die Tatsache, dass die Exekutive doch ohnehin schon bei unserer aktuellen Rechtssituation damit überfordert ist, der Strafverfolgung nachzugehen - umso mehr im digitalen Medium. Oh, und bis auf die Tatsache, dass es wohl schwer möglich sein wird, ein sexuelles Interesse nachzuweisen, selbst wenn man mal einen Fall greifbar machen könnte.
Also muss wohl der Online-Kontakt zwischen Erwachsenen und Kindern gänzlich verboten werden. Eigentlich schlüssig: früher hat man ja auch nicht seinen Kindern gesagt, dass sie nicht mit Fremden mitgehen dürfen, sondern lauthals nach einem Gesetz geschriehen, dass Kommunikation zwischen Erwachsenen und nicht direkt mit ihnen verwandten Kindern verbietet. War doch so, oder?
Vermutlich wäre es aber auch in Ordnung, das Internet komplett abzuschalten, denn immerhin handelt es sich hierbei um den "größten Tatort der Welt"*.
Man darf das jetzt nicht falsch verstehen: die in den einzelnen Fällen (gepixelt) gezeigten Personen sind allesamt welche, die ein mehr oder weniger gravierendes Problem haben. Ob sie jetzt ins Gefängnis oder in Therapie gehören, in der Kindheit ein wenig mehr mit Mama und Papa hätten kuscheln sollen oder wilde Gewaltphantasien gegen sie ausgelebt werden sollten, muss hier nicht Thema sein. Alleine die Chat-Ausschnitte, die hier präsentiert werden, drehen einem den Magen um. Schade, dass der Zusammenhang fehlt.
In keinem Fall aber sind die Umstände, unter denen die Fälle dokumentiert, oder der Kontext, in dem sie präsentiert wurden, in Ordnung. Noch viel weniger sind es das Auftreten und die Grundaussage der ganzen Sendung.
(Randbemerkung, weitere Erkenntnis des gestrigen Abends: TV-Werbung ist in den letzten Jahren nicht besser geworden und schafft es immer noch, sich konsequent zu unterbieten. Wow!)
* Welche Größe wird hier eigentlich verglichen? Jeder weiß, wie klein das Internet ist. Und, ist ein "Tatort" nicht ein Ort, an dem ein einzelnes, isoliert betrachtetes Verbrechen stattgefunden hat? Sind im Internet also schlimmere Verbrechen begangen worden als in den unzähligen Kriegen in der "echten Welt"? Und überhaupt, fand die eigentlich Tat in den vorgestellten Fällen nicht erst bei den inszenierten Treffen statt? Bzw. hätte stattgefunden, wenn sie nicht inszeniert gewesen wären?
Präsentiert werden hier verschiedene Fälle, in denen erwachsene Männer über Internet-Communities Kontakt mit vermeintlich 13-jährigen Mädchen und Jungen aufnehmen, um sich nach mehrwöchigem Internetkontakt mit ihnen zu treffen. Tatsächlich handelt es sich dabei im Chat um eine "Journalistin", bei den danach gestellten Treffen, das natürlich das Kernstück der Sendung bildet, wird die Rolle des Kindes durch eine(en) volljährige(n) Schauspieler(in) übernommen.
Immerhin, journalistische Sorgfaltspflicht nimmt man bei RTLII nicht auf die leichte Schulter: um hier Probleme zu vermeiden, fängt man damit einfach garnicht erst an. Also, mit dem Journalismus. An Stelle dessen präsentiert man erfundene Zahlen und "Fakten", übersieht ganz unabsichtlich den Gesamtkontext vollkommen und umgeht geschickt die Mühe, sinnvolle Informationen zu übermitteln. Etwa die, worüber man mit den eigenen Kindern sprechen sollte, und wie man sie sinnvoll vor realistischen Gefahren warnen kann. Oder sogar - und das ist jetzt eine ganz wilde Idee - wie man ein Vertrauensverhältnis zu ihnen aufbauen kann, das so weit geht, dass Kinder vielleicht sogar ganz von selbst von ihren Online-Kontakten erzählen.
Offenbar wäre sowas aber abwegig und utopisch. Wie so oft in unserer Medienlandschaft nämlich wird die Verantwortung gänzlich von Eltern und Kindern weggeschoben, und wohin? In die Politik natürlich. Da braucht sich dann auch niemand schuldig zu fühlen, der nicht eh schon allabendlich am Stammtisch beschimpft wird, und alle sind fein raus. Die Kernaussage der Sendung nämlich, und das ist eine Nachricht an die Legislative, lautet: "Schützt endlich unsere Kinder!". Naja, vielleicht auch: "SCHÜTZT ENTLICH UNSERER KINDA!!!!111elf", das beschreibt besser den Eindruck, der hinterlassen wird. Konkrete Forderung: auch der ledigliche Versuch, mit Minderjährigen Kontakte mit sexuellem Ziel aufzubauen, möge gefälligst strafbar werden. Das löst dann nämlich alle unsere Probleme, und jeder kann wieder beruhigt schlafen. Bis auf die Tatsache, dass die Exekutive doch ohnehin schon bei unserer aktuellen Rechtssituation damit überfordert ist, der Strafverfolgung nachzugehen - umso mehr im digitalen Medium. Oh, und bis auf die Tatsache, dass es wohl schwer möglich sein wird, ein sexuelles Interesse nachzuweisen, selbst wenn man mal einen Fall greifbar machen könnte.
Also muss wohl der Online-Kontakt zwischen Erwachsenen und Kindern gänzlich verboten werden. Eigentlich schlüssig: früher hat man ja auch nicht seinen Kindern gesagt, dass sie nicht mit Fremden mitgehen dürfen, sondern lauthals nach einem Gesetz geschriehen, dass Kommunikation zwischen Erwachsenen und nicht direkt mit ihnen verwandten Kindern verbietet. War doch so, oder?
Vermutlich wäre es aber auch in Ordnung, das Internet komplett abzuschalten, denn immerhin handelt es sich hierbei um den "größten Tatort der Welt"*.
Man darf das jetzt nicht falsch verstehen: die in den einzelnen Fällen (gepixelt) gezeigten Personen sind allesamt welche, die ein mehr oder weniger gravierendes Problem haben. Ob sie jetzt ins Gefängnis oder in Therapie gehören, in der Kindheit ein wenig mehr mit Mama und Papa hätten kuscheln sollen oder wilde Gewaltphantasien gegen sie ausgelebt werden sollten, muss hier nicht Thema sein. Alleine die Chat-Ausschnitte, die hier präsentiert werden, drehen einem den Magen um. Schade, dass der Zusammenhang fehlt.
In keinem Fall aber sind die Umstände, unter denen die Fälle dokumentiert, oder der Kontext, in dem sie präsentiert wurden, in Ordnung. Noch viel weniger sind es das Auftreten und die Grundaussage der ganzen Sendung.
(Randbemerkung, weitere Erkenntnis des gestrigen Abends: TV-Werbung ist in den letzten Jahren nicht besser geworden und schafft es immer noch, sich konsequent zu unterbieten. Wow!)
* Welche Größe wird hier eigentlich verglichen? Jeder weiß, wie klein das Internet ist. Und, ist ein "Tatort" nicht ein Ort, an dem ein einzelnes, isoliert betrachtetes Verbrechen stattgefunden hat? Sind im Internet also schlimmere Verbrechen begangen worden als in den unzähligen Kriegen in der "echten Welt"? Und überhaupt, fand die eigentlich Tat in den vorgestellten Fällen nicht erst bei den inszenierten Treffen statt? Bzw. hätte stattgefunden, wenn sie nicht inszeniert gewesen wären?
localhost - 12. Okt, 09:30
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